Bundestagswahl 2025

Der neue Koalitionsvertrag ist veröffentlicht – und wir haben für Sie geprüft, welche Vorhaben darin das Stadtmarketing betreffen. Unsere erste Analyse zeigt: Zahlreiche Passagen knüpfen direkt an unsere Empfehlungen an die neue Bundesregierung an (siehe unten) und nehmen viele Aspekte unserer täglichen Arbeit auf.

Besonders begrüßen wir:

  • das angekündigte Engagement zur Fortsetzung erfolgreicher Innenstadtprogramme, die z. B. auch mit der europäischen Förderebene verknüpft werden sollen. Beispielgebend werden „Resiliente Innenstädte“ und „Perspektive Innenstadt!“ genannt
  • das klare Bekenntnis zum stationären Einzelhandel als Rückgrat wirtschaftlicher Stabilität und sozialer Teilhabe in unseren Stadtzentren
  • im Urheberrecht soll ein fairer Ausgleich der Interessen aller Akteur:innen hergestellt werden – Kreative, Wirtschaft, und Nutzer:innen. Die Überprüfung der Lizenzierungspraxis durch die GEMA zugunsten ehrenamtlicher und nicht-kommerzieller Veranstalter ist dabei explizit aufgeführt – ein zentrales Anliegen, das wir seit Langem einbringen
  • Darüber hinaus betont der Vertrag das Leitbild der „sicheren Kommune“. In diesem Zusammenhang will die Bundesregierung künftig an einer Harmonisierung der Sicherheitsvorschriften zwischen Bund, Ländern und Kommunen arbeiten. Ein möglicher Hebel für praxistaugliche Veranstaltungsplanung – etwa Stadtfeste oder Weihnachtsmärkte – und lebenswerte öffentliche Räume. Hier wird es nun auf die Konkretisierungen ankommen.

Die Zuständigkeit für das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) liegt auch in der neuen Legislaturperiode weiterhin bei der SPD.

Statement Bernadette Spinnen, Bundesvorsitzende der bcsd:

„Der Koalitionsvertrag enthält wichtige Signale für unsere Städte. Die Anerkennung der Innenstädte als Orte mit hoher Lebensqualität, das Bekenntnis zur Fortsetzung erfolgreicher Förderprogramme und die geplante Harmonisierung der Sicherheitsvorschriften zeigen: Stadtmarketing ist politisch relevant. Jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Wir werden den Prozess kritisch-konstruktiv begleiten und unsere kommunal verankerten Perspektiven in die politische Diskussion einbringen.“

Empfehlungen an die neue Bundesregierung

Im Zuge der Bundestagswahl im Februar 2025 hat die bcsd zentrale Positionen zur Stärkung der Innenstädte und des Stadtmarketings formuliert und diese den Vertreter:innen der Koalitionsverhandlungen übermittelt. Zudem hat sich die bcsd als Teil des Beirats Innenstadt an der Entwicklung und Übergabe gemeinsamer Empfehlungen an die neue Bundesregierung beteiligt.

Ziel ist es, Innenstädte als lebendige, widerstandsfähige und wirtschaftlich starke Räume zu erhalten – mit einem klaren politischen Bekenntnis für Stadtmarketing, Stadtentwicklung und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

 

Stadtmarketing nimmt seit gut drei Jahrzehnten eine zentrale Rolle in der Gestaltung und Moderation urbaner Transformationsprozesse ein. Es verbindet die Perspektiven von Verwaltung, Wirtschaft, Politik und Stadtgesellschaft, um multifunktionale, resiliente und attraktive Innenstädte, Quartiere, und damit Städte zu entwickeln. Dabei orientiert es sich an den Prinzipien der europäischen Stadt: Innenstädte als lebendige, vielseitige Orte der Begegnung, als zentrale soziale Orte, die Bürger:innen und Gäste gleichermaßen anziehen und verbinden.

Die Herausforderungen für Städte sind vielfältig: Strukturwandel, verändertes Konsumverhalten, Klimaanpassung, gesellschaftlicher Wandel und wirtschaftliche Unsicherheiten wirken sich unmittelbar auf den urbanen Raum aus. Die Lebensqualität der Bürger:innen hängt maßgeblich von der Qualität des städtischen Raums allgemein sowie der Innenstädte und Stadtteilzentren ab – von attraktiven öffentlichen Räumen über ein vielfältiges Kultur- und Versorgungsangebot bis hin zu identitätsstiftenden Stadtprojekten. Um die Zukunft unserer Städte aktiv und attraktiv zu gestalten, empfiehlt die bcsd:

Der Wandel der Innenstädte braucht in erster Linie tragfähige Strukturen statt befristeter Krisenhilfen. Erfolgreiche Förderprogramme fördern Innovationen und Wettbewerb und stärken lokale Netzwerke. Es gilt, die Schaffung zeitlich begrenzter und ggf. paralleler Projektstrukturen zu vermeiden, Zugänge zu erleichtern und Bürokratiehürden bei Förderprogrammen abzubauen, damit insgesamt die Kooperations- und Finanzierungsstrukturen flexibler gestaltet werden können.

Empfehlungen an die Politik

  1. Verstetigung und Ausbau erfolgreicher Programme: Bestehende Programme wie die Städtebauförderung und das ZIZ-Programm müssen langfristig gesichert und weiterentwickelt werden, um in den Innenstädten und Quartieren Impulse zu setzen, die Verstetigung finden und damit nachhaltig wirken. Gleichzeitig müssen Förderprojekte auch bzw. insbesondere unter Beteiligung privater Akteure möglich sein und damit integrierte Stadtentwicklung ermöglichen.
  2. Reduzierung bürokratischer Hürden: Die Beantragung und Verwaltung von Fördermitteln muss für Kommunen und Stadtmarketingorganisationen deutlich vereinfacht werden, um eine schnelle und effiziente Umsetzung vor Ort zu ermöglichen. Die Förderung personeller Ressourcen und von Kooperationsstrukturen, die das Engagement der Akteure koordinieren und stärken, muss dabei besondere Beachtung finden und Vorrang vor einzelbetrieblichen oder singulären Maßnahmen haben.
  3. Flexiblere Förderstrukturen: Förderprogramme müssen sich so ergänzen, dass neben kurzfristigen Impulsen im Bedarfsfall auch langfristige Transformationsprozesse unterstützt werden. Der Fokus sollte dabei auf der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Belebung der Quartiere liegen.

Innenstädte brauchen starke Netzwerke eine klare Gestaltungsvorgabe und authentische Kommunikation. Stadtmarketing muss als strategisches Handlungsfeld anerkannt, der überregionale Austausch gefördert und Experimentierräume für innovative Maßnahmen geschaffen werden.

Empfehlungen an die Politik

  1. Plattformen für Wissenstransfer und Vernetzung ausbauen: Programme wie die Best-Practice-Plattform „Stadtimpulse“ sollten durch politische Unterstützung gestärkt werden, um den Erfahrungsaustausch zwischen Städten und Akteur:innen systematisch zu fördern.
  2. BBSR stärker für Stadtmarketing-Themen öffnen: Neben den klassischen stadtplanerischen Themen sollte das Innenstadtmanagement als Forschungsschwerpunkt verankert werden. Stadtmarketing sollte als elementarer und seit Jahrzehnten bewährter Bestandteil der Stadtentwicklungspolitik berücksichtigt werden.
  3. Stadtmarketing als strategisches Handlungsfeld etablieren: Städte brauchen eine institutionalisierte, dauerhafte Begleitung von Transformationsprozessen. Stadtmarketingorganisationen sind hier bereits etablierte intermediär verankerte Akteure, die durch ihre langjährige Netzwerk- und Koordinationsarbeit in Verwaltung, Wirtschaft und Stadtgesellschaft vertrauensbildend wirken und gesellschaftliches Engagement zielgerichtet stärken.

Das GEMA-Tarifsystem befindet sich in einer Schieflage. Die faktische Monopolstellung der GEMA und ihre finanzielle Übermacht gegenüber den zivilgesellschaftlichen Verhandlungspartnern bedeuten ein massives Ungleichgewicht. Fairness und Transparenz bei der Tarifgestaltung sind so nicht mehr gewährleistet. Manche Tarife zur Musiknutzung führen inzwischen dazu, dass weniger Musik genutzt wird und insbesondere ehrenamtliche und kleine Kulturgruppen Auftrittsmöglichkeiten verlieren. Eine Reform des GEMA-Tarifsystems ist dringend erforderlich, um die kulturelle Vielfalt und die gesellschaftliche Teilhabe in den Innenstädten langfristig zu sichern.

Empfehlungen an die Politik

  1. Gesetzliche Neuregelung des Gesetzes über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten durch Verwertungsgesellschaften (VGG) mit der Zielsetzung Fairness zwischen den Beteiligten wieder herzustellen. Eine Reform der GEMA-Tarife muss sowohl die angemessene Entlohnung der Musikschaffenden als auch die finanzielle Leistungsfähigkeit der Musiknutzer:innen berücksichtigen. Es bedarf einer Tarifbildung auf Augenhöhe.
  2. Eine effektive und ausgewogene behördliche Kontrolle muss eingerichtet werden, um langwierige, rechtliche Auseinandersetzungen zu verhindern und Fairness und Transparenz sicherzustellen.
  3. Schaffung von europäischen Wettbewerbsstrukturen zur Auflösung der faktischen Monopolstellung der GEMA

Attraktive und sichere öffentliche Räume sind die Basis für lebenswerte Städte. Recht und Ordnung müssen einhergehend mit sozialen Hilfsangeboten und städtebaulicher Aufwertung verlässlich angewendet werden. Ein Innenstadtmanagement kann die Akteure vernetzen und die Umsetzung nachhaltiger Lösungen koordinieren. Städte müssen präventiv handeln, bevor sich negative Entwicklungen verstärken. Sicherheit ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die täglich sowohl staatliche als auch zivilgesellschaftliche Verantwortung erfordert.

Empfehlungen an die Politik

  1. Aufenthaltsqualität des öffentlichen Raums gezielt entwickeln, z. B. durch grüne Oasen, Beleuchtungskonzepte und Freizeit- und Kulturangebote. Auch allgemeine Maßnahmen zur Befriedung des öffentlichen Raums gehören dazu (z.B. Konfliktmanagement, Awareness-Teams, Videoüberwachung).
  2. Recht und Ordnung im öffentlichen Raum konsequent durchsetzen und die effektive Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Polizei und Sozialdiensten ermöglichen.
  3. Soziale Maßnahmen für vulnerable Gruppen konsequent anbieten und anwenden, um der Verelendung von Menschen entgegenzuwirken (z.B. "Housing First", Drogenhilfeprogramme oder präventive Angebote für gefährdete Jugendliche).

Stadtfeste, Weihnachtsmärkte und sonstige Veranstaltungen im öffentlichen Raum sind identitätsstiftende und wichtige Begegnungsanlässe für das kulturelle und gesellschaftliche Leben in unseren Städten. Ihre sichere Durchführung darf nicht durch Auflagen gefährdet werden, die die Veranstalter organisatorisch und finanziell überfordern, sondern es braucht Regelungen mit Augenmaß.

Empfehlungen an die Politik

  1. Terrorprävention und Gefahrenabwehr sind Aufgaben der staatlichen Exekutive und dürfen weder operativ noch finanziell auf die Veranstalter abgewälzt werden.
  2. Gesetzliche Vorgaben für die Sicherheitsanforderungen bei Veranstaltungen müssen organisatorisch und finanziell tragbar sein, um Veranstaltungen, die oft auch ehrenamtlich organisiert werden, weiterhin ermöglichen.

 

 

Foto: bcsd-Geschäftsführer Jürgen Block überreichte am 20. Februar 2025 gemeinsam mit Dr. Christine Wilcken, Deutscher Städtetag, Stefan Genth, Handelsverband Deutschland, Anna Stratmann, Bundesverband Die Stadtentwickler und Michael Reink, Handelsverband Deutschland, die ebenfalls dem Beirat Innenstadt angehören, die Empfehlungen des Gremiums an Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger aus dem Bundesbauministerium. Quelle: BMWSB
Foto: bcsd-Geschäftsführer Jürgen Block überreichte am 20. Februar 2025 gemeinsam mit Dr. Christine Wilcken, Deutscher Städtetag, Stefan Genth, Handelsverband Deutschland, Anna Stratmann, Bundesverband Die Stadtentwickler und Michael Reink, Handelsverband Deutschland, die ebenfalls dem Beirat Innenstadt angehören, die Empfehlungen des Gremiums an Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger aus dem Bundesbauministerium. Quelle: BMWSB

Empfehlung Beirat Innenstadt: Innenstadtentwicklung

Gemeinsam mit weiteren Mitgliedern des Beirats Innenstadt hat die Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland im Rahmen der Bundestagswahl 2025 zentrale Handlungsempfehlungen zur Stärkung und Transformation der Innenstädte an Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger aus dem Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) übergeben. Die Empfehlungen umfassen strategische und konkrete Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung der Innenstädte und Zentren, um diese als lebendige Orte der Begegnung, des Handels und der Wertschöpfung zu sichern und zukunftsfähig zu gestalten.

Das Empfehlungspapier hebt die Bedeutung eines eigenständigen Bauministeriums zur ressortübergreifenden Steuerung der Innenstadtentwicklung vor. Zudem fordert es den Erhalt und die Weiterentwicklung des Beirats Innenstadt als beratendes Gremium, um eine langfristige Strategie für lebendige Innenstädte sicherzustellen.

 

Unsere wichtigsten Positionspapiere

Stadt ist Leben - Stadtmarketing und Stadtentwicklung

Das Positionspapier beschäftigt sich mit den folgenden drei Schwerpunkten: Die Kompetenzen des Stadtmarketings für die Städte, Stadtmarketing als Partner der Stadtentwicklung, und Ideen für die Zukunft. 

Stadtmarketing zwischen Werbung und Strategie

Das Positionspapier definiert sieben Kriterien für erfolgreiches Stadtmarketing.

Innenstadt der Zukunft - urbanes Leben gemeinsam gestalten

Das Positionspapier dient als Hilfestellung, Rolle und Aufgaben des Stadtmarketings im Zuge des Strukturwandels in den Innenstädten zu definieren. Darüber hinaus fordern wir mit dem Papier EU, Bund, Länder und Kommunen dazu auf, ihre Förderinstrumente ganzheitlich auf die Innenstadt auszurichten.

Stadtmarketing als Schlüsselpartner im Transformationsprozess der Städte

Im Mittelpunkt des Positionspapiers steht die Forderung nach einer intensiveren Einbindung der Stadtmarketingorganisationen in zentrale städtische Planungsthemen wie Klimaschutz, Mobilitätswende und den Umbau der Innenstädte. Nur durch die lokale Verankerung und die enge Zusammenarbeit aller relevanten Akteure könne eine erfolgreiche Transformation gelingen.

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